Die Stiftung zum Schutz gefährdeter Pflanzen erklärte die Stranddistel zur Blume des Jahres 1987. Sie weist damit gleichzeitig auf den desolaten Zustand unserer Meeresküste hin: nicht nur das Meer selbst, auch die von ihm unmittelbar beeinflussten Küstenränder erleiden in ihren biologischen Zusammenhängen Einbrüche, die Katastrophen signalisieren. Die Stranddistel, die noch vor wenigen Jahren eigentlich häufig, meist in ausgedehnten Rudeln zu finden war, ist nun, als Folge des Raubbaues an den Strand-Biotopen, in höchstem Maße bedroht. Alarmzeichen dieser eingängigen Art, wie sie durch den Pflanzen- und Tierschutz nun jährlich gegeben werden, sollten zur Besinnung und vor allem zur Reduzierung der küstengefährdeten Industrialisierung in diesen geschädigten Regionen aufrufen. Alle Bestrebungen hierzu müssen unterstützt, die unerlässlichen materiellen Mittel zur Rekultivierung von der Gesellschaft aufgebracht werden.
Die Stranddistel, ein Doldenblütengewächs, auch unter den Namen wie Seemannstreu, Meerstrands-Mannstreu, Meerwurzel oder Meerbrackdistel bekannt, was auf ihre Popularität in früheren Zeiten hinweist, wird bis zu einem halben Meter hoch und besitzt handförmig gelappte, steife, blaugrüne Blätter, die gezahnt und dornig sind. Auch ihre fast kugeligen Blüten sind blau, ebenso die dornigen Hüllenblätter. Diese lederartig harten Blätter sind von den Standorten her nötig: der steife Küstenwind, die ständige Belastung durch den aufgewehten Sand, bilden harte Bedingungen, denen die Stranddistel gewachsen sein muss. Sie war früher in ziemlich ausgedehnten Populationen an den Nordküsten des europäischen Festlandes zu finden und so häufig, dass man, ohne ihr größeren Schaden zuzufügen, ihre Wurzeln, die darin enthaltenen Saponine, medizinisch vielfach, besonders zur lokalen Anästhesierung, zur äußerlichen Schmerzlinderung also, nutzte.
Diese Wurzeln können Tiefen von zwei Metern erreichen. Auch galten die Sprossen der Stranddistel als Delikatesse. Man aß sie wie Spargel (Schiffermanns-Spargel). Schließlich reizten die dekorativen und haltbaren Blüten zur “Ernte“ in größerem Umfang; noch heute findet man sie viel zu häufig in Blumenvasen und Blumengestecken, obwohl die Pflanze seit langem streng geschützt ist.
Die Stranddistel nutzt den Küstenwind zur Vermehrung, und vielleicht kommt von daher ihr populärer Name, der sicherlich die mangelnde Seemannstreue persiflieren soll: wie die reifen Samengehäuse dieser Pflanze, die sich vom Wind wegwehen lassen, unstet sich umhertreibend, so auch der Seemann - die Shanties, die Seemannslieder, verkünden es - der seine Sympathien doch auf etliche Seemannsbräute in aller Welt - unstet zu allem Überfluss - verteilt.
Die Standorte sind heute selten. Sie werden immer mehr eingeengt und dies, obwohl die Gefährdung der Stranddistel seit Jahren bekannt ist. Hinzu kommen die ungünstigen allgemeinen Umweltbedingungen. Zum Schutz dieser schönen, seltenen, die Vielfalt der Natur charakterisierenden Pflanze, sind wir auch hier alle ausnahmslos aufgerufen. Wo sie verschwindet, entgleitet uns erneut eine Naturvariation von besonders eindrucksvoller Schönheit.